Flugausfall Easyjet: Entschädigung?

Dieses Thema im Forum "Reiserecht" wurde erstellt von Travelman, 12. Februar 2010.

  1. Sir

    Sir Bronze Member

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    @Hunski

    Der außergewöhnliche Umstand wird aber angedeutet:

    "Auch in diesem Fall ist die Beeinträchtigung Ihres Fluges die Folge einer vorangegangenen Flugstörung aus außergewöhnlichem Umstand. Aus diesem Grund bedaure ich Ihnen mitteilen zu müssen, dass wir Ihnen eine Entschädigung nicht zahlen können."

    Bei Dir liegen ja nun gleich zwei Flugstörungen vor: 1. eine Verspätung des Abflugs und 2. Der Flug ist überhaupt nicht am Zielflughafen angekommen.

    Die Passagen sollen wohl die Verspätung des Abflugs erklären, ob dies schon einen außergewöhnlichen Umstand darstellt, sei dahingestellt. Jedenfalls rechtfertigt es nicht, die Umlenkung des Flugs zu einem anderen Flughafen. Der Flug ist nicht durchgeführt worden. Punkt. In Deinem Fall ist die Ausgleichszahlung fast 100% sicher. Ich kann mir gar nicht vorstellen, welche Gründe es geben soll, die Leute einfach woanders abzuladen und dann noch nicht einmal Bustransporte zu organisieren. Das ist wirklich jenseits von Gut und Böse.

    Nächste möglichen Schritte:

    Brief an die deutsche Adresse oder gleich Klage. Ich würde letzteres empfehlen, weil effektiver. Außerdem würde ich hier gar nicht mehr irgendwelche höflichen Briefe schreiben.

    Sir
     
  2. dido78

    dido78 Pilot

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    @Sir
    Danke für Kontaktaufnahme.
    Hab Dir was gemailt, nicht dass das im Spam gelandet ist...
     
  3. Georgio

    Georgio Entdecker

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    Hallo Sir,

    ich habe eigentlich ausschließlich mit dem Customer Service kommuniziert und das entsprechende Schreiben inklusive Belege als Anlage der jeweiligen Mail beigefügt. Nur zur Sicherheit habe ich das bereits per Mail verfasste Schreiben inkl. Belege auch zusätzlich auf dem Postwege nach Berlin "easyjet Deutschland" geschickt. Antworten habe ich immer nur über ein seitens easyjet extra für den Vorgang angelegtes "Unterstützungskonto" erhalten. Die Antworten haben max. 3 Tage gedauert. Also die echten Antworten und nicht die automatisierten Textbausteine.

    Erstkontakt per Mail war der 22.07. und am 27.07. habe ich bereits eine Zusage per Mail erhalten, dass ich eine Ausgleichszahlung in Höhe von 1.000,00 EUR erhalte. Der Betrag sollte innerhalb der nächsten 20 Werktage auf das Konto überwiesen werden, welches ich bei der Buchung angegeben haben. Also meine Kreditkarte. Optional habe ich trotzdem in dem Schreiben auch mein Girokonto unter Angabe der IBAN und BIC Nr. genannt. Und tatsächlich wurde das Geld auf mein Girokonto und nicht auf die Kreditkarte angewiesen. Ich war sehr überrascht.

    An die geforderten Fristen hat man sich seitens easyjet natürlich nicht gehalten. Daher habe ich immer mal wieder per Mail nachgefragt wo das Geld bleibt und bei der letzten Anfrage recht deutlich weitere rechtliche Schritte angekündigt.

    Ich habe wohl sehr viel Glück gehabt. Vielleicht hat easyjet auch immer nur ein bestimmtes freiwilliges Budget bei gecancelten Flügen eingeplant und ich war für diesen Flug einer von Wenigen die Forderungen gestellt haben. Oder der genannte Grund "Erkrankung des Piloten", den ich sehr früh telefonisch erfragt habe, war ausschlaggebend für den Zahlungswillen.

    Falls noch Fragen sind, versuche ich gern zu Helfen.

    Gruß, Georgio
     
  4. ecco_giorgio

    ecco_giorgio Pilot

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    So, meine Klageantrag an das zuständige Amtsgericht ist auf dem Postweg. Über die Fortsetzung des Falls werde ich hier berichten.

    @ Sir:

    Bin am überlegen, ob ich den Klageantrag als pdf-Datei an den Customer Service sende. Vielleicht merken die dann, dass ich nicht nur mit Klage drohe. So könnte ich vielleicht die Antragsgebühren sparen, sollte EJ doch zahlen. Was meinst Du?
     
  5. dido78

    dido78 Pilot

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    Ich hab einen ähnlichen Fall.

    Flug von USA über Paris nach Stuttgart.
    Abflug war verspätet, da angeblich eine Freigabe von Airbus, daß mit dem Fluggerät geflogen werden darf abgewartet werden musste.
    Macht 2h.
    Um die war die Maschine dann auch später in Paris.
    Man hat mich auf den nächsten Flug nach STR umgebucht, der ging allerdings 3:10 später und kam auch mehr als 3h später als der ursprüngliche Flug an.

    Gemäß EU-Verordnung und EuGH Urteil also denkbar, daß hier Ausgleichsanspruch bei Verspätung (gleichwertig mit Annullierung) besteht (600€), da ja mehr als 3h und auch eine andere Flugnummer (logisch, da anderer Flug).

    Bitte um Hinweise von euch:
    Lohnt eine direkte Klage, wie hier beschrieben?
     
  6. Sir

    Sir Bronze Member

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    @ecco_georgio
    Kannst Du machen. Aber, wenn EJ einlenkt und die Klageforderung anerkennt, zahlst Du sowieso letztlich nichts.
    Sir
     
  7. Sir

    Sir Bronze Member

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    @dido78
    Zunaechst ist zu klaeren, ob die VO 261/2004 ueberhaupt Anwendung findet. Fuer Starts von ausserhalb der EU nur dann, wenn Du mit einem "Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft" geflogen bist. Das sind solche Fluggesellschaften, die ueber eine Betriebsgenehmigung eines EU-Staats verfuegen.
    Sir
     
  8. dido78

    dido78 Pilot

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    @Sir:
    In meinem Fall geht es um Air France.

    Da fällt mir noch ein älterer Fall Stuttgart-Zürich-Hongkong ein. Gilt die Eu Verordnung gleichermaßen für Swiss?
     
  9. ecco_giorgio

    ecco_giorgio Pilot

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    @ Sir:

    Muss die Beklagte bei außergerichtlicher Einigung grundsätzlich den vollen Ausgleichsbetrag zahlen, oder wäre auch eine außergerichtlicher Vergleich möglich?

    Muss ich bevor es, wenn es überhaupt zu einer Vorabeinigung kommen sollte, die gerichtlichen Vorkosten übernehmen, oder gehen die dann direkt an die Beklagte Partei? Sonst renne ich wiederum den 80,- € hinterher.
     
  10. Sir

    Sir Bronze Member

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    @ecco_georgio
    Ein außergerichtlicher Vergleich ist immer möglich. Das Ergebnis ist natürlich Verhandlungssache und liegt in der Regel unterhalb der Klageforderung. War die Klage zwischenzeitlich rechtshängig, nimmt man nach abgeschlossenem Vergleich die Klage zurück, so dass nur eine (anstatt drei) Gerichtsgebühr fällig wird. Das dürften dann bei Dir 25,-. EUR sein. In dem außergerichtlichen Vergleich kann man natürlich auch vereinbaren, dass diese Kosten ebenfalls von EJ übernommen werden.
    Warte erst einmal ab, wie die Beklagte reagiert. Die Frage nach der außergerichtlichen Einigung stellt sich eh erst, wenn die Beklagte Verteidigungsbereitschaft angezeigt hat.
    Sir
     
  11. ecco_giorgio

    ecco_giorgio Pilot

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    @ Sir

    Wie ist denn erfahrungsgemäß der zeitlche Ablauf hinsichtlich Aufforderung zur Zahlung für gerichtliche Klagebearbeitung, Schreiben vom Gericht an Beklagte und dessen Reaktionszeit?
     
  12. dido78

    dido78 Pilot

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    @Sir

    Ich habe anhand Deiner Vorlage mal eine Klage gegen AF gebastelt:
    Allerdings: Wo reiche ich Klage ein? Bei meinem nächsten Amtsgericht?
    Wie bezahle ich den Gerichtskostenvorschuss?

    Würdest Du in meinem beschriebenen Fall (Streitwert 600€) klagen oder den Weg über einen Mahnbescheid gehen?

    Danke für die Hilfe!
     
  13. ecco_giorgio

    ecco_giorgio Pilot

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    @ dido78

    Du musst Klage beim Amtsgericht des 1. Abflughafens (Startflughafen) einreichen. (z.B. Berlin-SXF über Mailand nach Bari und retour, auf dem Rückflug in Mailand bleibst du hängen, also wäre es das Amtsgericht bei Schönefeld in Königs Wusterhausen.

    Das Amtsgericht sendet dir dann eine Zahlkarte für den Gerichtskostenvorschuss zu.
     
  14. Sir

    Sir Bronze Member

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    @dido78

    Ich gehe mal davon aus, dass Air France über eine französische Betriebsgenehmigung verfügt, so dass die VO 271/2004 auch für den Flug aus den USA anwendbar ist. Die nächste Frage ist der nach dem Gerichtsstand. Das ist entweder der Abflugs- oder der Zielflughafen, also bei Dir das Amtsgericht, das für den Stuttgarter Flughafen zuständig ist.

    Dann kommen wir zum entscheidenden: Liegt eine große Verspätung nach der EuGH-Rechtsprechung vor, die einer Annullierung gleichgestellt wird. Das könnte hier durchaus sein, da der EuGH auf die Verspätung der Ankunft abstellt. Allerdings muss der Flug aus den USA nach Stuttgart als ein (und nicht als zwei Flüge) angesehen werden können. Grundsätzlich führt ein Umstieg auf einen Anschlussflug zu zwei gesondert zu beurteilenden Flügen. Verpasst man wegen des verspäteten Zubringerflugs den Anschlussflug, entsteht in der Regel keine Entschädigungspflicht der Airline. Es käme darauf an, ob der Einstiegsvorgang beim Anschlussflug noch am Laufen war, als Du in Paris am Gate des Anschlussflugs angekommen bist. Nur dann kan man von einer Verweigerung der Beförderung im Sinne von Art. 4 Abs. 3 der VO 261/2004 sprechen. Das wird wohl aber nicht der Fall gewesen sein.

    Man müsste also versuchen, zu argumentieren, dass hier ein einziger Flug vorgelegen hat. Zu überlegen ist, ob man darauf verweisen kann, dass Dir der Flug als ein Flug verkauft worden ist. Gibt es hier Argumentationsansätze?

    Was die Beurteilung von Zubringer- und Anschlussflügen als zwei gesonderte Flüge angeht, hat man die BGH-Rechtsprechung gegen sich. Die ist aber umstritten. Wenn Dir der Sinn danach steht oder Du gar eine Rechtsschutzversicherung hast, würde ich es darauf ankommen lassen, ob es Dein Amtsgericht nicht vielleicht doch anders sieht als der BGH.

    Was das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstands angeht, würde ich hier eher sagen, dass die verzögerte Freigabe des Fluggeräts wohl vermutlich nicht als solcher qualifizieren dürfte.

    Die Klagevorlage ist wegen der Anschlussflugsproblematik nur bedingt übertragbar auf Deinen Fall, der nach meiner bisherigen Einschätzung sehr viel weniger eindeutig ist, als die ganzen anderen Fälle in diesem Forum. Aber wie gesagt, man kann es versuchen.

    Sir
     
  15. Sir

    Sir Bronze Member

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    @ecco giorgio

    Kleine Korrektur zu den Gerichtsgebühren. Streitwert ist bei Dir 400,- EUR. Damit beträgt eine Gebühr 35,- EUR und nicht 25,- EUR. Der Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 3 Gebühren beträgt somit 105,- EUR. Bei Klagerücknahme verbleibt eine Gebühr, d.h. also 35,- EUR.
     
  16. ecco_giorgio

    ecco_giorgio Pilot

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    @ Sir

    Streitwert wäre doch in meinem Falle 400,- zuzüglich Auslagenerstattung für Taxi zum Airport.

    Wieso 3 Gebühren? Ich klage doch nur in eigener Sache und bislang noch nicht für den Rest der Familie. Wie errechnet sich denn die Anzahl der Gebühren?
     
  17. Sir

    Sir Bronze Member

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    Siehe Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz, Nr. 1210.
     
  18. dido78

    dido78 Pilot

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    @Sir

    Danke für die Tipps.
    Du hast Recht, der Einsteigevorgang war bereits abgeschlossen, als ich am Gate angekommen bin.

    Prinzipiell suche ich mir einen Zwischenstopp in CDG natürlich nicht freiwillig aus, ein Direktflug von Chicago nach Stuttgart wäre mir natürlich auch lieber gewesen.
    Ich sehe das ganze durchaus als einen Flug, da mein Beförderungswunsch ja von Chicago nach Stuttgart war und nicht von Chicago nach Paris und dann von Paris nach Stuttgart.
    Solange das funktioniert ist mir egal, wieviels Stopps AF auf dem Weg einlegt, Hauptsache sie erbringt die von mir gewünschte Leistung (nämlich Transport von Chicago nach Stuttgart) in der von Ihr angebotenen und mir angenommenen Zeit, Qualität und Beschaffenheit.
    Das war nicht der Fall.
    Bei der Bahn ist es doch ähnlich. Wenn ich von Stuttgart nach Kassel will, dann kann ich direkt fahren oder ich kann in Mannheim umsteigen. Wenn der Umstieg in Mannheim nicht klappt, dann zahlt die Bahn Entschädigung bei entsprechender Verspätung...

    Leider bin ich im juristischen Sprachgebrauch nicht wirklich sattelfest, sodaß mir hier der Aufbau einer "professionellen" Argumentationskette etwas schwer fällt.

    Letzlich wurde mir ja das Boarding des Fluges von CDG nach STR schon verweigert, und zwar durch Air France, dadurch daß ich an Bord Ihrer Maschine "festsaß". Man könnte ja auch argumentieren, hätte die andere Maschine halt einfach etwas warten müssen...

    Vom Grundsatz her hätte ich schon Lust, die Forderung ggüber AF durchzusetzen.
    Ganz unschuldig wähnen die sich ja nicht, auf eine freundliche aber noch wenig fordernde Mail an den Kundenservice antwortete man mir:

    Blablabla
    Laut Artikel 6 der EU Richtlinie 261/2004 ist bei Flugverspätungen keine Entschädigung vorgesehen.
    ...
    Zudem möchten wir Ihnen, als Zeichen unseres Bedauerns, einen Reisegutschein im Wert von 50,00 Euro übersenden. Diesen finden Sie im Anschluss an diese e-Mail.
    BlaBla



    Bin für weitere Tipps dankbar.
     
  19. Travelman

    Travelman Bronze Member

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    Wenn man den Urteilsspruch des EU-Gerichts sehr wörtlich interpretiert, wäre auch eine Verspätung > 3 Std. wegen eines verpassten Anschlußfluges so zu werten, dass hier eine Entschädigungspflicht entsteht.
    Aus dem Urteil (C-432/07):
    Der EuGh sieht hier also den Zeitverlust am Endzielort im Vordergrund, der natürlich auch entsteht, wenn man seinen Anschlußflug verpasst.
     
  20. Sir

    Sir Bronze Member

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    Hinzu kommt, dass die VO 261/2004 den vom EuGH verwendeten Begriff "Endziel" in Art. 2 lit h. wie folgt definiert:
    "„Endziel“ den Zielort auf dem am Abfertigungsschalter vorgelegten Flugschein bzw. bei direkten Anschlussflügen den Zielort des letzten Fluges".

    Es spricht in der Tat einiges dafür, dass bei Vorlage an den sehr verbraucherfreundlich eingestellten EuGH, dieser wohl eine große Verspätung annehmen würde. Aber wie gesagt, der BGH hatte diesen Fall anders entschieden, indem er zwei Flüge (und damit letztlich auch zwei Endziele) angenommen hat, allerdings zeitlich vor der von Travelman erwähnten EuGH-Entscheidung. Die damalige BGH-Entscheidung betraf im Übrigen sogar Air France und einen Umstieg in Paris.

    Sir
     

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